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2002


Wie werden Kieswerke erschlossen? 

Verfahren um Ersatzflächen droht zu platzen
 
(Die Harke vom 04.11.2002)

Der Streit um Schutzgebiete und Ersatzflächen für die Auskiesung im Nienburger Wesertal spitzt sich zu. Der bisherige Kompromiss zwischen den am Bodenabbauleitplan und am Verfahren zur Anspruchsregelung Beteiligten droht zu platzen.

Landkreis . Landvolk und die Gruppe CDU /WG im Kreistag bestehen auf einer Prüfung weiterer im Regionalen Raumordnungsprogramm angegebener Vorrang- und Vorsorgegebiete für Natur- und Landschaftsschutz zu Gunsten der Landwirtschaft. Dass der Kreis bisher rund 2000 Hektar an Schutzflächen aus Suchräumen im Wesertal hat streichen können, reichen Landvolk und Gruppe nicht.

Die seit August herausgenommenen 600 Hektar sind für Dr. Ralf Weghöft (CDU Nienburg) im Kreis-Planungsausschuss kein Grund, sich aus der Abwägung zwischen Naturschutz und Landwirtschaft zu verabschieden. Das stößt auf Zustimmung der IHK.

Beigeordneter Lothar Gerner (BUND Nienburg): Falls noch mehr Flächen für Natur- und Landschaftsschutz aus dem Raumordnungsprogramm herausgenommen würden, stiegen die Naturschutzverbände aus dem Verfahren aus. Folge: ein teures neues Verfahren.

Rolf Warnecke (SPD Nienburg) warf Landvolk und Gruppe vor, einseitig den Konsensweg verlassen zu haben und das Raumordnungsverfahren zu verzögern. Gerade für Planungssicherheit der Gemeinden müsse der gefundene Kompromiss verabschiedet werden. Ansonsten trage die Gruppe die Verantwortung für stagnierende Siedlungsentwicklung.

Für Ulrike Kassube (Grüne / Marklohe) ist die Schmerzgrenze im Interessenausgleich auch beim Naturschutz erreicht. "Kein weiterer Kiesabbau, damit die Flächen verfügbar bleiben." Sie stützt die Haltung der Bezirksregierung.

Die hält laut Kreisverwaltung an der Fünf-Meter-Verfügung fest, obwohl die auf dem Prüfstand stehe. Der Kreis habe keinen Handlungsspielraum. Das Umweltministerium plane keine Rücknahme der Verfügung, prüfe wegen des erheblichen Bodenabbaus im Wesertal aber eine Sonderregelung. Der Kreis verfolge das Ziel, den Vorrang für Kiesabbau über Naturschutz zu kippen, um das übrige Wesertal für die Landwirtschaft freizuhalten. Die Suchräume sollen zum größten Teil dort als Vorrangflächen für Natur und Landschaft dargestellt werden, wo es möglich ist, aber mit Vorsorge für Landwirtschaft wegen deren besonderer Funktion überlagert werden. Weitere Schutzflächen können nicht mehr herausgenommen werden. "Das ist ausgereizt", so Klaus Gänsslen vom Kreisamt für Regionalplanung, der die Fünf-Meter-Verfügung nicht für wichtig hält. Scheitert das Raumordnungsprogramm, "geben wir die Chance auf, Flächen vor der Auskiesung zu bewahren. Verlassen wir den Kompromiss, zieht sich auch das Land zurück."

"Wir lassen uns nicht das Messer auf die Brust setzen." Weghöft will auf den neuen landesweiten Erlass warten, der die Verfügung ablösen soll. Die Gruppe setzte eine Vertagung des Raumordnungsprogramms durch. Für die Industrie- und Handelskammer wollen die Landesbehörden im Wesertal Fakten schaffen. Wenn das Nienburger Raumordnungsprogramm in der Landesraumordnung Gesetz sei, erst dann seien Fakten geschaffen. Der neue Erlass über den Bodenabbau stehe kurz vor der Veröffentlichung. Wann der Umweltminister allerdings die alte Verfügung aufhebe, das sei nicht klar.

Wie werden Kieswerke erschlossen?   (Die Harke vom 16.10.2002)
Estorfer und Leeseringer befürchten Baufahrzeuge in ihren Orten / Kiestransport auf Weser

Estorf (la). Viele Estorfer und Leeseringer befürchten erhebliche Belastungen durch den in ihrem Bereich geplanten Kiesabbau. Rund 40 Einwohnerinnen und Einwohner nutzten die Bürgerfragestunde während der Ratssitzung, um ihrem Unmut Luft zu machen.

Haupt-Kritikpunkte: Schon für den Bau der Hafenanlagen und der Kieswerke werden sehr viele Lastzüge durch die engen Straßen der Orte fahren. Dadurch würden Kinder und Senioren gefährdet. Des weiteren könnten die schweren Fahrzeuge Straßen und angrenzende Häuser (auch durch Vibrationen) beschädigen.

Die Forderungen: Die Unternehmen Rhein-Umschlag und Baltus sollen vom Gemeinderat gezwungen werden, einen gemeinsamen Hafen zu nutzen und eine gemeinsame Erschließungsstraße zu den Kieswerken zu bauen. Diese Straße solle in der Marsch zwischen Landesbergen und Estorf verlaufen.

Estorfs Bürgermeister Heinrich Lange machte deutlich, dass es keine Möglichkeit gibt, die beiden Firmen zu einem gemeinsamen Hafen zu bewegen: "Das sind Konkurrenten am Markt. Die haben uns ganz deutlich gesagt, dass sie nicht zusammenarbeiten können und wollen." Ratsfrau Helga Grimmelmann-Heimburg gab zu bedenken, dass eine Erschließungsstraße in der Marsch auch Nachteile mit sich bringe: "Dann werden die Lastwagen aus Bremen durch den ganzen Ort fahren - voll mit Baumaterialien hin und leer wieder zurück."

Samtgemeindedirektor Wilfried Henking erläuterte, dass noch nicht feststeht, über welche Straßen die Baufahrzeuge fahren werden: "Es gibt mehrere Möglichkeiten, über die wir verhandeln müssen." Eines machte Bürgermeister Lange deutlich: "Es geht nur um die Fahrzeuge, die für den Aufbau der Werke benötigt werden. Es steht 100-prozentig fest, dass kein Kies aus Estorf mit dem Lkw abtransportiert wird - alles läuft über die Weser. Für Leeseringen werden wir das wohl auch erreichen können. Es sieht recht gut aus."

Zuvor hatte es kontroverse Diskussionen im Rat gegeben über die Einziehung von Wegen für den Kiesabbau der Firma Rhein-Umschlag: Der Rat hatte bereits im Mai beschlossen, die Nutzungsmöglichkeiten der Flächen zeitlich zu steuern: So sollen die Wege stückweise 2003, 2007 und 2010 den Kiesabbauern übergeben werden. "Zuerst ermöglichen wir den Hafenbau, danach steuern wir den Abbau", erläuterte Verwaltungs-Chef Henking.

Ratsherr Wolfgang Biermann forderte jetzt, die Entscheidung zu vertagen: "Es besteht kein zeitlicher Druck, die Wege schon jetzt einzuziehen. Wenn wir die einmal an Rhein-Umschlag übergeben haben, fehlt uns jede Verhandlungsgrundlage." Biermann wollte erst alle Fragen der Zuwegung klären, bevor die Wege übergeben werden: "Wir haben als Rat dafür zu sorgen, dass die Bürger ruhig schlafen können."

Wilfried Henking entgegnete, dass der Rat bei der Abfassung der Kaufverträge Einflussmöglichkeiten habe: "Da werden keine Dinge hineingeschrieben, die der Rat nicht will." Die Firma Rhein-Umschlag habe einen Rechtsanspruch auf den Abbau und die Erschließung ihres Grundstücks: "Es hätte nur eine Möglichkeit geben den Kiesabbau zu verhindern - wenn niemand sein Land an die Kiesabbauer verkauft hätte." Die Entwicklung sei nicht mehr aufzuhalten, jetzt gehe es um die Steuerung. Der Rat beschloss bei einer Gegenstimme, die Wege einzuziehen.